Ein Salzburger Lungenfacharzt hat vor wenigen Monaten – nach eigenen Angaben – „aus Mitleid” aktive Sterbehilfe an einer schwerst depressiven Patientin vollzogen. Unabhängig von der Tragik und Singularität dieses Vorfalles wird hier ein fatales Signal gegen den Schutz des menschlichen Lebens und dessen Unantastbarkeit gesetzt.
Im Europarat werden seit Jahren von verschiedenen Ländern Vorstöße zur Legalisierung von aktiver Euthanasie (Tötung auf Verlangen bzw. Beihilfe zum Selbstmord) gemacht. Die Ärzteschaft der Länder der Europäischen Union (ausgenommen den Niederlanden und Belgien) und der Weltärztebund stellen mit Recht fest, dass es nicht dem ärztlichen Berufsethos entspricht, Leben zu nehmen, sondern Leben zu schützen.
Es ist ein großes Missverständnis, wenn aktive Euthanasie als Ausdruck letzter Selbstbestimmung eines Menschen, als Recht, auch in Sterben und im Tod frei zu entscheiden, eingefordert wird. Das Selbstverständnis eines todkranken Menschen ist in einem komplexen Kontext von Fragen zu sehen, die zeigen, dass die Vorstellung uneingeschränkter Autonomie am Lebensende nicht der Realität entspricht: „Wer steht an meiner Seite? Wer nimmt mir Schmerzen und Angst? Wem falle ich zur Last? Wie viel Geld kostet meine Behandlung? Wie werde ich sterben? In Würde?”
„Würde” mit „Leidfreiheit” gleichzusetzen, wird der umfassenden ethischen Bedeutung des Begriffes „Würde” nicht gerecht. Die Würde des Menschen allein wird sowohl von Befürwortern als auch von Gegnern der aktiven Euthanasie als Argument ins Feld geführt. Ist das Argument „Würde” in einer Zeit steigender Kosten im Gesundheitswesen und ungelöster demographischer Probleme nicht eine Schutzbehauptung? Wer vermag über die Würde eines behinderten Menschen, eines Ungeborenen, eines Hochbetagten zu entscheiden?
Es ist zu befürchten und anzunehmen, dass aus einer einmal geschaffenen Möglichkeit zu töten, für die Ärzte eine Verpflichtung zu töten, zu entstehen droht. Mit dem ärztlichen Berufsethos ist es nicht zu vereinbaren, „Vollstrecker” des Willens von PatientInnen zu werden. Zwar müssen wir uns der Tatsache stellen, dass immer wieder der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe laut wird. Das Geheimnis liegt jedoch nicht in der Frage: „Wer hilft mir, zu sterben?” sondern in der Frage: „Wer hilft mir, bis zu meinem Ende als ganzer Mensch, als Person zu leben?”
Allein dies soll und muss für den behandelnden Arzt Ziel und Maßstab sein !
Der Moraltheologe Eberhard Schockenhoff stellt fest: „Die zivilisatorische Decke ist vielleicht dünner als wir es uns träumen lassen, und ein Einbruch ist am ehesten zu verhindern, wenn die Selbstverständlichkeit des Tötungsverbotes unangefochten bleibt.”
Ist unsere heutige Gesellschaft so weit, mit der Forderung nach aktiver Sterbehilfe mündig umzugehen? Die eindeutige Ablehnung der aktiven Sterbehilfe durch die ÄrztInnen, denen täglich kranke Menschen anvertraut sind, ist als starkes Signal für den Schutz des menschlichen Lebens in unserer Gesellschaft unabdingbar und notwendig. In dieser Hinsicht ist die klare Positionierung der Österreichischen Ärztekammer und vieler Kolleginnen und Kollegen ein klares Zeichen der österreichischen Ärzteschaft !
Dr. Ursula-Maria Fürst
für das Salzburger Ärzteforum für das Leben