Der Empfehlung der Österreichischen Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, Präimplantationsdiagnostik in Österreich zu erlauben, möchte das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ mit aller Entschiedenheit und Klarheit entgegentreten:
Die Einführung der Präimplantationsdiagnostik (PID) würde einen neuen ethischen Tabubruch bedeuten, einen weiteren, folgenschweren Angriff auf die Unantastbarkeit menschlichen Lebens und die Menschenwürde.
Auf den ersten Blick erscheint die Empfehlung nachvollziehbar zu sein, soll sie doch zur Verminderung von elterlichem Leid beitragen – aber welche ethischen Maßstäbe wurden angelegt und von welch fragwürdiger Grundethik ausgegangen?
Wenn menschliches Leben künstlich gezeugt wird und ein Embryo zunächst im Reagenzglas entsteht, so ist die entscheidende Frage, ob dieses Lebewesen als menschliches zu bezeichnen ist oder nicht. Den Beginn des Lebens mit allen menschenrechtlichen Konsequenzen erst mit der Nidation festzusetzen, ist rein willkürlich und entbehrt unseres Erachtens jeglicher naturwissenschaftlichen Grundlage, wenngleich dadurch etliche ethische Dilemmata elegant umschifft werden können – so auch das der Präimplantationsdiagnostik.
In Österreich sind Abtreibungen von (natürlich oder künstlich) implantierten Embryonen laut StGB nicht erlaubt, sondern nur unter gewissen Bedingungen straffrei gestellt – aus einer Anerkennung der Tatsache heraus, dass bei jeder Abtreibung ein Menschenleben beendet wird. Akzeptiert man den Beginn des Lebens vom Zeitpunkt der Befruchtung an, so hat auch ein – aus welchen Gründen immer – nicht durchgeführter Embryonentransfer den Tod eines Menschen in seinem Anfangsstadium zur Folge. Aus dem Prinzip des Gleichheitsgrundsatzes dürfte daher die PID nicht erlaubt sondern unter gewissen Bedingungen maximal straffrei gestellt werden.
Die zweite Problematik der PID ist die Frage der Selektion: Hier sei nochmals auf die bestehende Gesetzeslage hinsichtlich der Abtreibung verwiesen: im StGB §97 wird die eugenische Indikation – also die Abtreibung von vermutlich behindertem Leben – bis knapp vor Beginn der Geburt straffrei gestellt. Dieser Paragraph stellt eine gravierende Ungleichstellung und Diskriminierung behinderter / kranker Menschen dar, wogegen seit Jahren nicht nur Behindertenorganisationen ankämpfen. Nun soll dieses Unrecht auch auf den IVF-Bereich ausgeweitet bzw. übertragen werden: Die Unterscheidung gesund / krank – lebenswert / lebensunwert soll nun vor der Implantation möglich sein. Argumentiert wird, dass damit Frauen im Gegensatz zu erst durch Pränataldiagnostik erkannter embryonaler bzw. fetaler Erkrankung / Behinderung nicht mehr eine Abtreibung durchführen lassen „müssten“. Offensichtlich scheint ein behinderter / kranker Mensch für sein Umfeld und die Gesellschaft ein so großer „Schaden“ zu sein, dass er / sie auf jeden Fall und mit allen Mitteln verhindert – im wahrsten Sinn des Wortes „im Keim erstickt“ – werden soll. Eine derartige Eugenik-Ideologie verurteilt das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ aufs Schärfste.
Selbstverständlich stellt eine genetische Veranlagung zu einer Erkrankung / Behinderung für die betroffenen Eltern eine enorme Belastung dar. Dass man ihnen (wiederholtes) Leid ersparen will, ist verständlich – nur der Preis eines Menschenlebens dafür zu hoch! Es ist unverantwortlich die Argumentation für PID so zu führen, als würde es sich dabei um die Untersuchung der „Einzelkomponenten“ (also Ei- bzw. Samenzelle) vor deren Verschmelzung zu einem Embryo handeln. Wäre dies möglich, so würde zwar immer noch die Problematik der Selektion bestehen bleiben, aber kein menschliches Leben zerstört werden.
Die Präimplantationsdiagnostik wird zusätzlich noch durch die Gefahr des Missbrauchs – über das geplante „Einsatzgebiet“ hinaus – kompliziert: der Schritt zum Designerbaby ist ein kleiner – auch von entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen ist keine wirksame Regulierung zu erwarten: erstens sind Menschen im Umgang mit Gesetzen sehr erfinderisch (gerade wenn es sich um ein lukratives Geschäft handelt), zweitens stellt sich die Frage der Kontrollmöglichkeiten. Denn die wirklich Betroffenen – die Embryonen – können ihre Stimme nicht erheben, alle anderen involvierten Personen haben im Falle der bewussten Selektion von Kindern nach Geschlecht, Haut- oder Haarfarbe etc. die gleichen Interessen.
Ein letzter Aspekt hinsichtlich der Problematik der PID sei hier noch angeführt: eine gesetzliche Freigabe würde den Selektionsdruck kranken und behinderten Menschen gegenüber in jeglicher Lebensphase eklatant erhöhen. Es ist zu befürchten, dass nach breiter Gewöhnung der Öffentlichkeit an die PID sich das gesellschaftliche Empfinden für den grundsätzlichen Wert menschlichen Lebens weiter vermindert, und in weiterer Konsequenz der Ruf nach Beendigung von Leben kranker oder alter Menschen (auf Verlangen der Betroffenen oder der Angehörigen) immer lauter wird. Wie wird sich wohl diese Bioethikkommission in der Frage der Euthanasie und des assistierten Suizides verhalten?
Wir werden nicht müde zu betonen, dass der Umgang mit behindertem, kranken menschlichen Leben – egal in welcher Lebensphase – einen wesentlichen Gradmesser für Humanität, Menschlichkeit und Qualität einer Gesellschaft darstellt. Aus diesem Grund fordert das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ alle politischen Entscheidungsträger auf, der Empfehlung der Österreichischen Bioethikkommission aus Verantwortung für den Schutz des Lebens vom Anfang bis zu seinem natürlichen Ende, nicht zu folgen und die Präimplantationsdiagnostik in Österreich auch weiterhin nicht zu erlauben.
Für das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“
Dr. Florian Baumgartner