Mit großer Sorge verfolgt das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ die Debatte um die aktuelle Empfehlung der Bioethikkommission am Bundeskanzleramt „Sterben in Würde – Empfehlungen zur Begleitung und Betreuung von Menschen am Lebensende und damit verbundenen Fragestellungen“.
Im Fokus der öffentlichen Diskussion steht der Teil des Mehrheitsvotums der Kommission, in welchem es heißt: „Es erscheint aber angebracht, für Angehörige und persönlich nahestehende Personen eine Straflosigkeit vorzusehen, wenn sie einer an einer unheilbaren, zum Tode führenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung leidenden Person beim Suizid Hilfe leisten…“ und weiters: „Darüber hinaus sollte die Hilfeleistung durch Ärzte beim Suizid in bestimmten Fällen entkriminalisiert werden …“
Zunächst ist wohlwollend festzuhalten, dass sich weite Teile der Stellungnahme in differenzierter und seriöser Form mit der Notwendigkeit des Ausbaus, der Finanzierung und der allgemeinen Zugänglichkeit palliativmedizinischer Versorgung sowie mit der Notwendigkeit der Herausnahme medizinischer Entscheidungen am Lebensende aus dem Bereich der Strafbarkeit auseinandersetzen. Die Bioethikkommission ist jedoch offenbar der Versuchung erlegen, möglichst rasch und noch vor dem Bericht der Parlamentarischen Enquete „Würde am Ende des Lebens“ ein Ergebnis zu liefern. Die drängenden palliativmedizinischen Themen werden so, wie zu erwarten, der Sterbehilfe-Debatte geopfert. Oder war dies Kalkül?
Die Empfehlungen der Bioethikkommission zur Suizidbeihilfe leisten einen weiteren Beitrag zu Verschlechterung des Lebensschutzes vulnerabler Personengruppen in Österreich. Die Entwicklungen in Ländern wie der Schweiz und den Niederlanden zeigen unmissverständlich, dass der Euphemismus „Straffreiheit“ am Lebensende die Büchse der Pandora öffnet. Es sind dort nicht die harten Zahlen, sondern die Tatsache, dass Suizidbeihilfe zunehmend bei bisher nicht betroffenen Personengruppen, wie an Demenz Erkrankten und psychisch Kranken zum Thema wird, die klar vor Augen führt, dass die Aufweichung des Verbotes, einen Menschen zu töten, tatsächlich einem Dammbruch gleicht.
Das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ wendet sich entschieden gegen den Versuch, Ärzte zu Handlangern eines fehlgeleiteten Autonomieverständnisses zu machen. Unsere Aufgabe ist es, das Leben der uns anvertrauten Patienten zu erhalten und den Sterbenden mit all unserem Können beizustehen. Welche Preisgabe von Vertrauen, von einem Arzt zu verlangen, ein Menschenleben zu beenden! Wir unterstützen daher ausdrücklich die Haltung des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, Dr. Arthur Wechselberger, der in einer rezenten Presseaussendung auf „zeitlose ethische Bindungen, die die Aufgabe der Ärzteschaft nicht in der Herbeiführung des Todes kranker Menschen sehen“ verweist.
Furcht ist angebracht vor einer Entwicklung, die aus „Brave New World“, dem hellsichtigen Roman von Aldous Huxley, Wirklichkeit werden lässt. Sollten die Empfehlungen der Bioethikkommission zur Suizidbeihilfe juridische Realität werden, wird sich der Demenzkranke, der alte Mensch und der Behinderte in naher Zukunft fragen lassen müssen, warum er denn seinen Arzt nicht schon längst um Beihilfe zu seiner (Selbst)Tötung gebeten hat.
Das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ fordert die Österreichische Bundesregierung und alle politischen Parteien auf, sich ihrer Verantwortung für den Schutz des Lebens zu stellen und dem Mehrheitsvotum der Bioethikkommission eine klare Absage zu erteilen. Wir unterstützen ausdrücklich das abweichende Votum zum Assistierten Suizid, welches von acht in der Stellungnahme der Bioethikkommission namentlich genannten Mitgliedern dargelegt wird und empfiehlt, keine Abänderung des § 78 StGB vorzunehmen. Wir hoffen, im Namen unserer Patienten, dass dem Schutz des Lebens der Vorrang erteilt wird.
Für das
SALZBURGER ÄRZTEFORUM FÜR DAS LEBEN
Dr. Florian Baumgartner
Dr. Ursula-Maria Fürst
Dr. Markus Glaeser-Quintus
Dr. Andreas Hartmann
Dr. Mark McCoy
Dr. Nicholas Waldstein-Wartenberg
Dr. Christian Windhofer