Die Parlamentarische Versammlung des Europarates stimmt am 7. Oktober über einen Bericht zur Gewissensfreiheit ab. Angesichts der Forderungen dieses Berichtes mit dem Titel “Women’s access to lawful medical care: the problem of unregulated use of conscientious objection”- „Zugang von Frauen zur gesetzlichen Gesundheitsfürsorge: das Problem der nicht reglementierten Verweigerung aus Gewissensgründen“ bekennt sich das Salzburger Ärzteforum explizit zum uneingeschränkten Recht auf die freie Gewissensentscheidung von Ärzten/-innen und sämtlichem medizinischen Personal in Zusammenhang mit der Durchführung oder Verweigerung von Abtreibungen. 

Im Bericht zur Gewissensfreiheit heißt es:

„Es kommt immer öfter vor, dass Ärzte oder sonstiges medizinisches Personal aus Gründen der Religion, der Moral oder Philosophie bestimmte medizinische Dienstleistungen verweigern. Zwar kann man niemanden zwingen, gegen sein Gewissen zu handeln, aber da solche Fälle sich gerade in Fragen der Fortpflanzung (Abtreibung, künstliche Befruchtung usw.) häufen, bedarf es gesetzlicher Regelungen. Es soll ein Gleichgewicht zwischen dem Recht des Arztes, einen Eingriff aus Gewissensgründen zu verweigern, und dem Recht der Frau auf bestimmte gesetzlich erlaubte medizinische Eingriffe oder Behandlungen gefunden werden.“

Dabei wird herausgestellt, dass die europäischen Staaten einschneidende Verpflichtungen schaffen sollen, um ethisch umstrittene medizinische Dienstleistungen in umfassender Form auch gegen Gewissenswiderstände durchzusetzen. Weiters solle das Recht auf freie Gewissensentscheidung nur für direkt in medizinische Eingriffe involvierte Individuen (Angestellte wie Ärzte etc.), nicht aber für nicht unmittelbar betroffenes Personal (z.B: Krankenschwestern, Stationspersonal) gelten. Insbesondere sei die Ablehnung der Durchführung von Eingriffen wie z.B. Abtreibungen in einzelnen öffentlichen medizinischen Einrichtungen oder Kliniken (Anm.: wie z.B. Ordensspitälern) aus Gewissensgründen abzulehnen.

In diesem Dokument werden die Europäischen Mitgliedsstaaten weiters aufgefordert …

  • to „oblige the healthcare provider to provide the desired treatment to which the patient is legally entitled [i.e. abortion] despite his or her conscientious objection“
  • to oblige the healthcare provider to take part indirectly, in all circumstances, in abortion and other critical medical practices despite their conscientious objection
  • to oblige the healthcare provider to prove „that their objection is grounded in their conscience or religious beliefs and that the refusal is done in good faith“
  • to deprive „public/ state institutions such as public hospitals and clinics as a whole“, from the „guarantee of the right to conscientious objection“
  • to create a „registry of conscientious objectors“
  • to create „an effective complaint mechanism“ against the conscientious objectors.

Das Dokument zielt hauptsächlich auf das Gebiet der sogenannten „reproductive health care for women“, insbesondere Abtreibung ab, betrifft aber auch andere Gebiete wie Reproduktionsmedizin, Verhütung / Sterilisation und Euthanasie.

Öffentliche Stellungnahme des Ärzteforums:

Das „ Salzburger Ärzteforum für das Leben“ bekennt sich zum uneingeschränkten Recht auf die freie Gewissensentscheidung von Ärzten/-innen und sämtlichem medizinischen Personal in Zusammenhang mit der Durchführung oder Verweigerung von Abtreibungen. Wir weisen explizit auf den § 97 des Österr. StGB hin, in welchem ausdrücklich steht, dass weder Ärzte noch Krankenpflegefachdienst zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches verpflichtet werden dürfen und aus der Ablehnung der Durchführung einer Abtreibung keinerlei Benachteiligung erwachsen darf.

Dieses Recht auf Verweigerung einer Abtreibung besteht unabhängig davon, ob der Zugang zu Abtreibungen durch die Ablehnung einer überwiegenden Anzahl von Ärzten für Frauen schwieriger wird oder nicht – eine derartige Kritik, wie sie im oben genannten Schriftstück konkret geübt wird, setzt das „Scheinrecht“ auf Abtreibung über das tatsächliche Recht auf freie Gewissensentscheidung und ist daher inakzeptabel.

Weiters widerspricht dem Recht auf freie Gewissensentscheidung die Forderung, dass im Falle der Ablehnung eines Eingriffes für Ärzte eine Hinweis- und Begleitungspflicht zur Vornahme des Eingriffs durch andere Ärzte oder Einrichtungen bestehe.

In dem Bericht wird mehrfach argumentiert, dass Frauen durch die Verweigerung von Krankenanstalten / öffentl. Gesundheitseinrichtungen Abtreibungen vorzunehmen, das „Recht auf den legalen Zugang zu einer Abtreibung“ genommen werde. Nach wie vor besteht in Österreich kein Recht auf Abtreibung, ebenso wenig ist ein Schwangerschaftsabbruch legal, sondern stellt ein strafrechtliches Delikt dar, welches lediglich unter bestimmten Bedingungen strafffrei gestellt ist.

Die Kritik daran, dass in einigen Europäischen Staaten wie Österreich Euthanasie verboten sei, in anderen Leihmutterschaft, Präimplantationsdiagnostik oder künstliche Befruchtung bei homosexuellen Paaren, legt ganz und gar offen, dass hier eine vornehmlich ideologisch begründete, pseudoethische Scheinargumentation stattfindet.

Tatsache ist, dass es sich weder bei Abtreibungen, noch bei Euthanasie, noch bei reproduktionsmedizinischen Maßnahmen um Heilbehandlungen handelt, womit diese gar nicht in den Bereich der ärztlichen Pflicht zur Hilfeleistung fallen. Aus diesem Grund ist es aus unserer Sicht unzulässig, Betreiber von Krankenhäusern bzw. Gesundheitseinrichtungen zu diesen medizinischen Eingriffen zu verpflichten. Die Empfehlung an die Mitgliedsstaaten, Register darüber zu führen, welche Krankenanstalten Eingriffe wie Abtreibungen nicht „anbieten“, und auch entsprechende Beschwerdestellen einzurichten, sehen wir als diskriminierenden und totalitären Akt – und eines europäischen Demokratieverständnisses unwürdig!
Wir stellen hiermit weiters in aller Klarheit fest, dass es die Pflicht des Staates und des öffentlichen Gesundheitswesens ist, für die Gesundheit und das Wohl jedes Bürgers – unabhängig von Geschlecht, Alter, Entwicklungsstand oder Behinderung – zu sorgen, dessen Recht auf Leben umfassend zu schützen und ihm den Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung, einschließlich einer palliativmedizinischen Betreuung am Lebensende zu ermöglichen. Aus diesem Grund ist es das souveräne Recht jedes Staates und aus ethischer Sicht auch seine Pflicht, Euthanasie gesetzlich zu verbieten.

Das Salzburger Ärzteforum für das Leben fordert die Abgeordneten des Europarates eindringlich auf, aus Verantwortung gegenüber den Europäischen Bürgerinnen und Bürgern und zum Schutz von deren Grundrechten gegen das vorliegende Dokument zu stimmen!

Dr. Florian Baumgartner

für das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“