Das Salzburger Ärzteforum für das Leben begrüßt ausdrücklich, dass über die sogenannte „Eugenische Indikation“ eine zunehmend breitere politische Diskussion entstanden ist und möchte sich in diese hiermit auch einbringen.
In unseren Augen ist es längst an der Zeit, dass die gesetzliche Regelung der Spätabtreibung in Österreich geändert wird.
Dass nach derzeitig geltender Gesetzeslage bei ernster Gefahr auf eine schwere körperliche oder geistige Schädigung des Kindes oder Vorliegen einer solchen, die Abtreibung bis knapp vor der Geburt straffrei gestellt wird, stellt eine schwere Diskriminierung Behinderter bzw. ungerechtfertigte Bevorzugung Gesunder dar, die mit keinerlei ethischem oder politischem Argument zu rechtfertigen ist. Dadurch wird eine Klassifizierung in „lebenswertes“ und „lebensunwertes Leben“ getroffen und gesetzlich eine Selektion erlaubt. Dies widerspricht klar dem in der Verfassung garantierten Gleichheitsgrundsatz.
Die derzeitige Formulierung ist zudem durch die Verwendung der Adjektiva „ernst“ und „schwer“ recht unscharf: Ab welchem Risiko-Prozentwert ist eine Gefahr „ernst“, und wer definiert, welche Behinderung „schwer genug“ ist? Anhand von derartig subjektiven Kriterien ein Menschenleben zu beenden, erscheint ungerechtfertigt.
Der Umgang mit ihren behinderten, kranken und hilfsbedürftigen Menschen war und ist immer ein Gradmesser gelebter Menschlichkeit in einer Gesellschaft – das lehrt die historische Vergangenheit:
Gerade in Österreich, wo mit dem Blick auf die Grauen der Nazi-Zeit zurecht regelmäßig gemahnt wird, dass man nicht vergessen dürfe, damit sich die Geschichte nicht wiederholen könne, darf das blutige Kapitel der gelebten Diskriminierung, Selektion und Vernichtung von „lebensunwertem Leben“ vor 75 Jahren nicht übersehen werden. Durch dieses besonders ermahnt, besteht auch heute eine ethische und moralische Verpflichtung für alle politisch Verantwortlichen, sich durch eine klare und lupenreine Gesetzgebung vom Verdacht eines ähnlich motivierten Umgangs mit Behinderten zu distanzieren.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Position der Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser besonders befremdlich, sich einer Diskussion über dieses Thema grundsätzlich zu verweigern und auch keine Notwendigkeit zur Evaluierung der Realität dieser Problematik zu sehen.
Dass diesbezüglich jedoch Handlungsbedarf besteht, haben Länder wie Deutschland oder die Schweiz bereits vor Jahrzehnten erkannt, wo es heute keinen „eugenischen“ Passus in der Gesetzgebung mehr gibt.
In Österreich bläst Behinderten und ihren Angehörigen jedoch ein zunehmend frostigerer Wind des Unverständnisses und des Gefühls der Unerwünschtheit entgegen: Durch die medizintechnischen Möglichkeiten und die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen der Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik scheinen behinderte Kinder heute „doch wirklich nicht mehr notwendig“ und eine unnötige Belastung für die Gesellschaft geworden zu sein.
Eine Abschaffung der Eugenischen Indikationsregelung könnte hier einen Klimawandel und ein Signal von Humanität und Toleranz bedeuten.
Für das
SALZBURGER ÄRZTEFORUM FÜR DAS LEBEN
Dr. Florian Baumgartner
Dr. Ursula-Maria Fürst
Dr. Markus Glaeser-Quintus
Dr. Andreas Hartmann
Dr. Mark McCoy
Dr. Nicholas Waldstein-Wartenberg
Dr. Christian Windhofer