Der von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) und Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) in Begutachtung geschickte Reform-Entwurf des Fortpflanzungsmedizingesetzes geht über den VfGH-Auftrag, lesbischen Paaren die Samenspende zu erlauben, weit hinaus. Er sieht nämlich ebenso Eizellspende, Samenspende Dritter bei der künstlichen Befruchtung und beschränkte Präimplantationsdiagnostik vor.

Die Thematik ist vielschichtig, komplex und ethisch höchst brisant. – Der Gesetzesentwurf hätte im Falle seiner Umsetzung weitreichende Konsequenzen:

Samenspende

Ab 1.1.2015 soll lesbischen Paaren die Erfüllung ihres Kinderwunsches durch eine Samenspende ermöglicht werden und bei heterosexuellen Paaren im Rahmen der künstlichen Befruchtung (IVF) die Samenspende eines Dritten zulässig sein. Bisher war die Samenspende Dritter nur bei einer Insemination (direkt in die Gebärmutter der Frau) zugelassen.
Wenn im bisherigen österreichischen Fortpflanzungsgesetz eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig ist, so trägt dies dem naturgegebenen Umstand Rechnung, dass Kinder einer Beziehung zwischen Frau und Mann entspringen. Es wird daran auch gleichzeitig die Verantwortung des Gesetzgebers sichtbar, die Rechte von Kindern zu schützen und ihr gesundes Aufwachsen unter natürlichen Gegebenheiten zu garantieren. Die Tatsache, dass ein Kind Mutter und Vater braucht, ist durch die Entwicklungspsychologie vielfach belegt. Der Gesetzesentwurf fokussiert einzig die Interessen und angeblichen Rechte der Erwachsenen und klammert die des Kindes aus. Dieses wird somit zum Objekt von Begehrlichkeiten und Selbstverwirklichungsambitionen degradiert.
Bislang werden die Methoden der künstlichen Befruchtung medizinisch unterstützend eingesetzt, wo aufgrund einer Erkrankung / einer körperlichen Insuffizienz Zeugung auf natürlichem Weg nicht möglich ist. Wenn nun lesbischen Paaren mittels Samenspende zu ihrem vermeintlichen Recht auf ein Kind verholfen werden soll, begibt man sich auf ein gänzlich anderes Terrain, da hier nicht eine Erkrankung, sondern die Natur selbst eine Fortpflanzung ausschließt. Sollen tatsächlich öffentliche Mittel verwendet werden, diese natürlichen Grenzen zu überwinden? Zu wessen Wohl soll dies geschehen?


Eizellspende

Mit der Genehmigung für Eizellspenden wird auch hier der Kommerzialisierung Tür und Tor geöffnet: Nur gegen entsprechend hohe finanzielle Entschädigung werden junge Frauen bereit sein, sich nach hormoneller Stimulation Eizellen operativ entnehmen und so ihre körperliche Integrität mit diversen gesundheitlichen Risiken verletzen zu lassen. Die Eizelle wird zur Ware, den wahren Preis bezahlt jedoch das Kind: Ohne äußere Notwendigkeit steht es von Beginn an zwischen einer genetischen und einer biologischen Mutter. Daraus resultierende Identitätsprobleme sind vorprogrammiert. (Man begegnet ihnen leider oft auch bei Adoptivkindern – hier ist die Situation allerdings unvermeidbar.)
Unter Ausschöpfung aller geplanten neuen rechtlichen Möglichkeiten könnte sich im Extremfall bei einem lesbischen Paar, welches gleichzeitig die Möglichkeiten einer Eizell- und Samenspende in Anspruch nähme, die Situation ergeben, dass das Kind neben einem genetischen Vater und einer genetischen Mutter, eine biologische Mutter und eine weitere soziale Mutter hat.

Präimplantationsdiagnostik

Eine PID soll nach drei oder mehr erfolglosen IVF-Zyklen, nach drei Fehlgeburten und ebenso dann erlaubt werden, wenn aufgrund der genetischen Veranlagung zumindest eines Elternteils die Gefahr besteht, dass es zu einer Fehlgeburt oder einer Erbkrankheit des Kindes kommen könnte.
Die Einführung der Präimplantationsdiagnostik (PID) würde einen ethischen Tabubruch bedeuten, einen weiteren, folgenschweren Angriff auf die Unantastbarkeit und die Würde des Menschen in seiner ersten Lebensphase.
Wenn menschliches Leben künstlich gezeugt wird und ein Embryo zunächst im Reagenzglas entsteht, so ist die entscheidende Frage, ob dieses Lebewesen als Mensch zu bezeichnen ist oder nicht. Diese Frage beantwortet der vorliegende Gesetzesentwurf mit einem klaren „Nein“ – andernfalls würde sich aus Achtung vor der Menschenwürde eine Selektion – aufgrund welcher Kriterien auch immer – auch beim Embryo grundsätzlich von selbst verbieten.

Eine genetische Veranlagung zu einer Erkrankung / Behinderung ist für die betroffenen Eltern eine enorme Belastung. Dass man ihnen (wiederholtes) Leid ersparen will, ist verständlich – nur ist der Preis eines Menschenlebens dafür zu hoch! Es ist unverantwortlich die Argumentation für PID so zu führen, als handle es sich dabei um die Untersuchung der „Einzelkomponenten“ (also Ei- bzw. Samenzelle) vor deren Verschmelzung zu einem Embryo. Wäre dies möglich, so bestünde zwar immer noch die Problematik der Selektion, aber es würde kein menschliches Leben zerstört.

Angesichts der Erfolgsquote einzelner IVF-Anwendungen von nur 25 bis 30% wird eine breite Anwendung der PID aufgrund der Formulierung, dass nach drei vergeblichen Befruchtungsversuchen eine PID zulässig ist, sehr wahrscheinlich.

Weiters würde eine gesetzliche Freigabe der PID den Selektionsdruck gegenüber kranken und behinderten Menschen in jeglicher Lebensphase eklatant erhöhen: Hat sich erst die Öffentlichkeit an die PID gewöhnt, so steht zu befürchten, dass das gesellschaftliche Empfinden für den grundsätzlichen Wert menschlichen Lebens noch mehr abnimmt, und in weiterer Konsequenz der Ruf nach Beendigung von Leben kranker oder alter Menschen (auf Verlangen der Betroffenen oder der Angehörigen) immer lauter wird.

Angesichts der ethischen Brisanz der Thematik wäre es notwendig, diese Debatte intensiv in der Öffentlichkeit zu führen. Stattdessen wurde die Begutachtungsfrist von den Regierungsparteien auf zehn Werktage verkürzt. Abgesehen vom Inhalt des Gesetzesentwurfes ist diese Vorgangsweise an sich skandalös und legt klar an den Tag, dass eine öffentliche Diskussion aus offensichtlich ideologischen Gründen unerwünscht ist. Oder hat man Angst vor dem moralischen Gewissen der Bevölkerung?

Wir fordern daher die verantwortlichen Minister unmissverständlich auf, diesen aus ärztlicher Sicht unethischen Gesetzesentwurf zurückzuziehen und gründlich zu überarbeiten.

für das

SALZBURGER ÄRZTEFORUM FÜR DAS LEBEN

Dr. Florian Baumgartner
Dr. Ursula-Maria Fürst
Dr. Markus Glaeser-Quintus
Dr. Andreas Hartmann
Dr. Mark McCoy
Dr. Nicholas Waldstein-Wartenberg
Dr. Christian Windhofer