Sehr geehrter Herr Bundesminister Stöger !

So wie bereits im August 2011 haben Sie nun neuerlich öffentlich gefordert, dass künftig Abtreibungen in allen Bundesländern bzw. allen „Regionen“ Österreichs in öffentlichen Krankenanstalten durchgeführt werden sollten. Damals drohten Sie finanziellen Druck auf die Krankenhausträger bzw. die Bundesländer an, indem Finanzmittel vom Bund nur dann ausgeschüttet werden sollten, wenn „Mindestanforderungen in allen medizinischen Bereichen eingehalten würden“.

Als Ärzte /-innen, die sich dem hippokratischen Eid verpflichtet fühlen und ihren Beruf auch in ethischer Hinsicht sehr ernst nehmen, distanzieren wir uns klar von Ihrer Interpretation der Aufgaben des öffentlichen Gesundheitswesens: Dessen Aufgabe besteht darin, Kranken entsprechende Therapien zur Heilung bzw. Linderung ihrer Beschwerden zukommen zu lassen – ebenso aber auch für Schwerstkranke und Sterbende eine intensive Begleitung im Sinne einer suffizienten Palliativbetreuung zu garantieren. Eine Verwendung von öffentlichen Geldern zur Finanzierung von Abtreibungen und öffentlichen Krankenanstalten zum Aufbau eines flächendeckenden Netzes von Abtreibungsambulanzen entspricht keineswegs diesem Auftrag.

Auch wenn die Entscheidung zu einer Abtreibung für die allermeisten betroffenen Frauen keine leichte ist, können Abtreibungen wohl kaum als Frage der „Gesundheit“ betrachtet werden. Andernfalls würde man implizieren, dass es sich bei einer Schwangerschaft um eine Krankheit handle.
In diesem Zusammenhang kann nicht unerwähnt bleiben, dass viele betroffene Frauen gerade nach Abtreibungen an zum Teil gravierenden, langfristigen psychosomatischen Folgeerkrankungen (post abortion syndrom) leiden. Eine umfassende Aufklärung über diese „Nebenwirkungen“ erfolgt in vielen Ambulatorien jedoch nach wie vor nicht, ebenso mangelt es an systematischer Erhebung dieser Problematik und professionellen Hilfsangeboten im Nachbetreuungsbereich !

Es dürfte Ihnen wohl auch bekannt sein, dass der Österreichische Gesetzgeber (StGB §96 und §97) Schwangerschaftsabbrüche nach wie vor als strafrechtliches Delikt ansieht, welches lediglich unter bestimmten Bedingungen straffrei gestellt ist. Weiters darf lt. StGB ein Arzt zur Durchführung von Abtreibungen gegen seinen Willen ebensowenig gezwungen werden, wie ihm aus der Ablehnung Nachteile entstehen dürfen. Aus dieser gesetzlichen Situation kann also keineswegs ein „Recht auf Abtreibung“ und daher auch ebensowenig eine Verpflichtung abgeleitet werden, Abtreibungen in öffentlichen Spitälern als „medizinische Dienstleistung“ anbieten zu müssen.

Frauen und Paare, welche durch eine ungeplante Schwangerschaft in Not geraten sind, haben vor allem folgendes verdient: Den uneingeschränkten, flächendeckenden Zugang zu einem effektiven Hilfsangebot und einer lebensbejahenden Beratung, welche nicht eine Entscheidung gegen das Kind von vornherein vorweg nimmt, sondern anbietet, gemeinsam eine Perspektive für ein Leben mit einem Kind zu erarbeiten. Erst dann kann eine wirklich freie Entscheidung für die betroffenen Frauen / Paare möglich werden.

Hier sehen wir nach wie vor großen Handlungsbedarf und ein breites Betätigungsfeld – gerade für Sie als Gesundheitsminister!

Dr.med. Florian Baumgartner

für das
Salzburger Ärzteforum für das Leben