Seit einem Jahr werden an der Gynmed-Ambulanz in den Salzburger Landeskliniken wöchentlich regelmäßig Abtreibungen durchgeführt. Da wir uns als Ärzte verpflichtet fühlen, dem Leben und nicht dem Tod zu dienen, können wir an diesem Jahrestag nicht schweigen!
Von offizieller Seite wurde von 15 Eingriffen pro Woche gesprochen, sodass man auf eine Zahl von mindestens 800 (vermutlich aber deutlich über tausend) ungeborenen Kindern kommt, die seit 2. April 2005 im Land Salzburg das Licht der Welt nicht erblicken durften. Das entspricht etwa 35-40 Volksschulklassen jährlich. Diese Realität ist nicht nur erschreckend, sondern wirft auch viele Fragen auf:
Verkraftet unsere Demokratie, die jedem Bürger gleiche Rechte und gleichen Schutz zuspricht, die routinemäßige Tötung Ungeborener, ohne selbst Schaden an ihren Grundfesten zu erleiden ?
Kann sich ein Staat wie Österreich – ganz abgesehen von jeglicher ethischen Dimension – angesichts der sich heute abzeichnenden massiven Probleme (Un-/Finanzierbarkeit des Gesundheits- und Pensionssystems) den Verlust von 1000 Kindern jährlich im Land Salzburg bzw. etwa 30.-80.000 Kindern österreichweit leisten? Oder entzieht er sich dadurch nicht seine wichtigste Ressource für die Zukunft, seinen Nachwuchs ?
Birgt die derzeitige demographische Entwicklung unserer Gesellschaft nicht die Gefahr einer zunehmenden Wertung des Lebens bis hin zur Infragestellung des Rechts auf Leben für die Schwächsten – die unheilbar Kranken, die alten und behinderten Menschen?
Welche eklatanten Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitswelt ergeben sich mittel- und langfristig, wenn sich in Salzburg der derzeitige Abtreibungstrend in den nächsten Jahren fortsetzen sollte ?
Bereits bei der Einführung der Fristenlösung in den 70er Jahren wurde – ebenso wie in den vergangenen Jahren – von der öffentlichen Hand wiederholt zugesagt, die Rahmenbedingungen und Hilfsangebote für Frauen und Paare in Notsituationen so zu verbessern, dass Abtreibungen nach Möglichkeit verhindert werden können. Hat die Politik hier tatsächlich ihr Wort gehalten?
Reflektiert man die derzeitige Situation unter diesen Gesichtspunkten, erscheint es uns neuerlich dringend notwendig, als Ärzte / Ärztinnen öffentlich klar Stellung zu beziehen.
Das Angebot der Gynmed-Amblanz beschränkt sich auf eine leicht zugängliche und kostengünstige Abtreibung ! Das Ziel der angebotenen psychologischen Begleitung besteht lediglich darin, die Traumatisierung so gering wie möglich zu halten. Die gemeinsame Suche nach Alternativen zum Schwangerschaftsabbruch und Lösungsmöglichkeiten der Konfliktsituationen, das Erarbeiten eines Lebenskonzeptes für ein Leben mit Kind und das Angebot anderer konkreter Hilfsmaßnahmen außer der Abtreibung fehlen ! Es darf in Zweifel gezogen werden, ob Frauen / Paaren auf diese Weise ernsthaft und langfristig geholfen werden kann.
Lebensbejahende Antworten werden Hilfe Suchenden in Stadt und Land Salzburg von anderen Organisationen und Initiativen geboten. Diese haben im vergangenen Jahr in zum Teil bemerkenswert guter Zusammenarbeit Projekte verwirklicht, die nicht nur dem Leben dienen, sondern auch Frauen / Paaren ein Netz bieten, das sie dort auffängt, wo sie sich durch die Not einer ungewollten Schwangerschaft befinden. Hingewiesen sei in diesem Zusammen-hang auf das „Haus für Mutter und Kind“, auf neue Beratungsstellen im ländlichen Raum, die Beratungshomepage www.deinealternative.at und eine Postabortion-Beratungsstelle. So wie bisher, werden wir uns auch künftig bei der Planung und Umsetzung derartiger Projekte nach den uns zur Verfügung stehenden Kräften und Mitteln gerne einbringen.
Wir möchten anlässlich dieses Jahrestages, der uns sehr nachdenklich und betroffen macht, die politisch Verantwortlichen neuerlich deutlich auffordern, alles zu tun, damit mehr Frauen „Ja“ zu ihr Kind sagen können und nicht aufgrund unlösbar scheinender Probleme in einem Schwangerschaftsabbruch die vermeintliche Lösung ihrer Schwierigkeiten suchen müssen. Wesentlich erscheint uns in diesem Zusammenhang die Umsetzung folgender Maßnahmen:
• Weiterer Ausbau eines flächendeckenden – lebensbejahenden –Beratungsangebotes, getragen von verschiedensten Organisationen (Aktion Leben, Familienberatunsgstelle etc.).
• Errichtung bzw. Ausbau weiterer Wohneinrichtungen für schwangere Frauen in Not (vgl. „Haus für Mutter und Kind“)
• Einrichtung eines Hilfsfonds durch das Land Salzburg zur unkomplizierten Soforthilfe von in Not geratenen werdenden Müttern / Eltern.
• Gesetzlich verpflichtende Trennung von beratender Stelle und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
• Gesetzliche Verankerung eines Mindestabstandes von mind. 3, besser 7 Tagen zwischen Beratungsgespräch und Schwangerschaftsabbruch, wobei unter dem Beratungsgespräch keineswegs die medizinische Aufklärung zum Schwangerschaftsabbruch zu verstehen ist !
• Meldepflicht an die Gesundheitsbehörden und statistische Erfassung der Kerndaten aus der Gynmed-Ambulanz sowie österreichweit aus allen Abtreibungskliniken. Nur durch die Analyse dieser Daten können Schlüsse gezogen werden, in welchem Bereichen Prävention, Aufklärung aber auch konkrete Hilfsmaßnahmen weiter ausgebaut und verbessert werden können.
• Breite Meinungsbildende Maßnahmen in Schulen und Jugendberatungsstellen aber auch in der Öffentlichkeit hinsichtlich Abtreibung und den Alternativen, dem post-abortion-syndrome (PAS) aber auch der zunehmenden demographischen Schwierigkeiten, welche durch die rückläufige Geburtenrate entstehen.
• Öffentliches positives Lobbying für Familien – insbesondere für kinderreiche Familien.
• Weitreichende finanzielle Unterstützung und steuerliche Entlastung von Familien, insbesondere kinderreicher Familien.
• Geförderte Wohnbauprojekte auch für kinderreiche Familien (d.h. mehr als 2 Kinder)
• Ausbau von Kinderbetreuungs- und Kindergartenplätzen
Einen ähnlichen Maßnahmenkatalog haben wir bereits im Oktober 2004 allen politischen Fraktionen anvertraut. Auch jetzt bieten wir neuerlich unsere Kooperationsbereitschaft an, um zur Realisierung dieser und weiterer Maßnahmen mit beizutragen.
Aufgrund ihres Wesens kann aus unserer Sicht Abtreibung nur als Tötung eines Menschen – in einer meist frühen Entwicklungsphase – verstanden werden. Diesem Umstand trägt der Gesetzgeber auch eindeutig Rechnung, indem der Schwangerschaftsabbruch als straffrechtliches Delikt betrachtet wird, welches lediglich unter gewissen Konditionen straffrei gestellt ist. Es scheint uns wichtig, der immer wieder kolportierten Ansicht eines „Rechtes auf Abtreibung“ klar zu begegnen.
Aus unserer Sicht müssen zwei tatsächliche Rechte im Auge behalten werden:
Das Recht jedes ungeborenen Kindes (d.h.: jedes Menschen) auf Leben, wobei die Gesellschaft verpflichtet ist, ihm dieses zu gewährleisten, und auch das Recht der Mutter auf umfassende Aufklärung und konkrete Hilfe.
Diesen beiden Ansprüchen gerecht zu werden scheint offensichtlich immer schwieriger zu werden. Dennoch werden wir als Ärzte / Ärztinnen, die sich dem hippokratischen Eid verpflichtet und damit zum Dienst am Leben von seinem Beginn bis zu seinem natürlichen Ende berufen fühlen, nicht müde werden, diese einzufordern und an deren Verwirklichung mitzuarbeiten !
Im Namen von 298 Salzburger Ärztinnen und Ärzten
Dr. Florian Baumgartner
Dr. Ursula-Maria Fürst
Dr. Andreas Hartmann
Dr. Renate Richter
Dr. Nicholas Waldstein-Wartenberg
Dr. Christian Windhofer