Das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ begrüßt ausdrücklich den Vorschlag der Justizministerin Frau Mag. Bandion-Ortner, das Schadensersatzrecht so zu ändern, dass aus der Geburt eines Kindes – unabhängig ob gesund oder behindert – künftig kein Schadensersatzanspruch mehr geltend gemacht werden kann.

Die in den vergangenen Jahren vom OGH aufgrund der derzeitigen Rechtslage gefällten Urteile, durch welche die Geburt behinderter Kinder als Schadensfälle angesehen wurden, weil die Behinderung entweder nicht „rechtzeitig“ erkannt oder die ärztliche Aufklärung über eine solche als unzureichend angesehen wurde, sodass in der Folge die Eltern sich nicht zeitgerecht zu einer Abtreibung entschließen konnten – diese Urteile sehen wir nach wie vor als Schande für den österreichischen Rechtsstaat an und erlauben uns, unsere diesbezügliche Argumentation neuerlich darzulegen:

Offensichtlich stand hinter diesen Urteilen die bedenkliche Philosophie, dass jedes Elternpaar einen Anspruch – ja das Recht auf ein gesundes Kind habe. Ein solches ist jedem Paar zu wünschen. Jeder Arzt wird sich darum bemühen, sein Bestes zu tun, um diesen Wunsch zu verwirklichen – unabhängig davon, ob über ihm ein Damokles-Paragraph hängt oder nicht. Sollte jedoch ein Kind krank oder behindert sein, ohne dass ärztliches „Verschulden“ im Sinne einer Schädigung oder Verletzung des Kindes durch den Arzt bzw. einer unterlassenen Therapie vorliegt, so darf sich nicht aus der enttäuschten Hoffnung auf ein gesundes Kind ein Anspruchsdenken im Sinne von Schadenersatzforderungen entwickeln !

Weiters haben Eltern eines behinderten Kindes – juristisch betrachtet – nicht das Recht auf eine Spätabtreibung. In Österreich handelt es sich bei jeder Abtreibung – auch aus medizinischer Indikation – um ein strafrechtliches Delikt, welches lediglich straffrei gestellt ist. Eine Abtreibung ist kein Bestandteil ärztlicher (Heil-)Kunst, kein Therapieverfahren – sie ist lediglich straffrei, wenn sie von einem Arzt durchgeführt wird, wobei dieser zu diesem Eingriff nicht gezwungen werden darf. Dieser darf auch die Durchführung einer Abtreibung ablehnen.

Die im Präzedenzfall 2008 übersehene Diagnose mag noch so folgenschwer wie tragisch gewesen sein: Es handelte sich jedoch weder um eine aktive Schädigung eines zuvor gesunden Kindes durch eine Fehlhandlung eines Arztes, noch um eine Verzögerung einer möglichen Therapie. Das Ausbleiben der Diagnose hatte zur Folge, dass ein Mensch – wenn auch schwer behindert – lebt und nicht abgetrieben wurde. Es wurden dadurch lediglich zwei „Schein-Rechte“ verletzt: das auf ein gesundes Kind sowie jenes auf Abtreibung eines behinderten Föten … beide sind glücklicherweise nicht im Österreichischen Gesetz verankert !

Aus diesem Grund ist es längst an der Zeit, derartige Schadensersatzurteile durch eine präziser formulierte Rechtsgrundlage zu verhindern. Die Argumentation der Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek in der derzeitigen Diskussion, dass durch den vorgeschlagenen Gesetzesentwurf Frauen gegebenenfalls das Recht genommen werde, sich frei gegen ein behindertes Kind zu entscheiden, beruht genau auf oben angeführten „Scheinrechten“, und ist offensichtlich vor allem ideologisch motiviert.

Die geplante Gesetzesänderung entbindet Ärzte/-innen keineswegs von ihrer Sorgfaltspflicht, nimmt ihnen jedoch den Druck, eine Absicherungsmedizin um jeden Preis zu betreiben und im auch noch so geringsten Zweifelsfall für eine Abtreibung zu plädieren.

Unbestritten ist ein behindertes oder krankes Kind (je nach Betrachtungsweise) weit mehr / weniger als ein „Schadensfall“ – es ist eine gewaltige Herausforderung (aber oft auch eine große Bereicherung) für die Eltern und Familie aber auch für das Umfeld, ein Gradmesser für Humanität und Menschlichkeit, ein Mensch, der sich nicht dem Leistungsstreben und Profitdenken unserer Gesellschaft unterwerfen kann und muss. Es ist aber vor allem und unumstößlich ein Mensch, der trotz aller Behinderung ein Recht auf Leben und würdevolle Behandlung hat !

Gerade auch in Hinblick auf die historische Last Österreichs sehen wir es als eine Frage der ethischen Verpflichtung, nun die Gesetzesgrundlage dafür zu schaffen, dass künftig in der Rechtsprechung nicht mehr zwischen „schadhaftem“ und „nicht-schadhaftem“ Leben differenziert werden kann!

Für das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“

Dr. Florian Baumgartner